29. April 2025

Vermutlich steht Ljubomir Lewtschew in Bulgarien heute nicht mehr sonderlich hoch im Kurs, ich weiß es nicht. Als Kommunist im Osten war man nach 1989 schwerer belastet als fast jeder Nazi im Westen nach 1945. Eine Schulsekretärin, die sich nicht selbst des Stasi-Kontaktes bezichtigt hatte und dennoch entlarvt wurde, flog fristlos. Im Westen vergaßen Germanisten einfach ihre NSDAP-Mitgliedschaft und die Sache war erledigt. Theaterwissenschaftler betreuten munter Doktorarbeiten über jüdische Kritiker und Autoren, die sie wenige Jahre zuvor noch verdammt und aus Ämtern gemobbt hatten. Niemand muss sich selbst belasten, sagt das überstülpfähige Grundgesetz, das gilt aber nur nach Bedarf. Lewtschew jedenfalls wäre heute 90 Jahre alt geworden, ich besitze von ihm das Poesiealbum 33, 1970 erschienen. Darin die „Ballade von der Außerordentlichen Kommission, kurz TSCHEKA genannt“. Paul Wiens übertrug sie ins Deutsche. Wohl doch aus verwandter Seele.


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