Shakespeare: Ein Sommernachtstraum; Monbijoutheater Berlin
Vor reichlich neun Jahren teilte der „Tagespiegel“ seinen Lesern mit, Jan Zimmermann, der Regisseur, könne Carsta Zimmermann, die Schauspielerin, die seine Schwester ist, eigentlich gar nicht leiden. Die Kulturgeschichte des Wortes eigentlich beiseite lassend, ist momentan zu sagen, dass man davon im „Sommernachtstraum“ nichts merkt. Dafür merkt man Spielfreude und mag nicht glauben, es liege nur am zwanzigjährigen Hausjubiläum des Hexenkessel-Hoftheaters, dass gerade die Spielfreude nicht gespielt wirkt. An diesem Abend hat es bis knapp vor Beginn geregnet, ein unverdrossner Schwarm an Sommertheaterenthusiasten wartet auf die endgültige Aussage, es werde dennoch gespielt. So müssen nur die unteren Sitzreihen im Amphitheater frei bleiben wegen zu großer Nässe. Dafür sind die geschützten oberen Reihen gut besetzt und als die Schutzplanen von der Spielfläche gezogen werden, bleibt nur ein ganz kurzer Beseneinsatz, ehe es mitten hinein geht ins Reich von Titania und Oberon, von Theseus und Hyppolita, in dem natürlich die Handwerksmeister ihr irrwitziges Spiel treiben unter den englischen Originalnamen Quince, Snug, Flaut, Bottom, Starwelling. Bottom, allen Freunden Arno Schmidts muss es nicht eigens gesagt werden, ist der, der „Zettels Traum“ hat.
Jan Zimmermann zeichnet nicht nur für die Regie, auch für Übersetzung und Dramaturgie verantwortlich, er hat tapfer gestrichen, weshalb man die Einschränkung „nach Shakespeare“ wohl akzeptieren könnte, wenn es nicht so viele Inszenierungen auf deutschen Bühnen gäbe, die ohne auch nur entfernte Ähnlichkeit mit dem Urtext ebenso tapfer den eigentlichen Verfasser aufs Programm drucken lassen. Zimmermann ist erfreulich nahe an Shakespeare und demonstriert auch, dass mit bestimmten Strichen am Kern der Komödie kaum Substanzverlust entsteht. So fehlt komplett der Streit zwischen Titania und Oberon um den indischen Knaben, es geht mit den Handwerkern, die eine auf Ovid entfernt basierende Story um Pyramus und Thisbe einstudieren, um damit die Wartezeit des Königs Theseus auf seine Hochzeit mit der Amazonenkönigin Hyppolita zu verkürzen, gleich zur Sache, die königlichen Kommentare zum Rüpeltreiben sind komplett gestrichen, womit die Dimension Theater im Theater als eine Shakespeare-Substanz zwar entfällt, aber kaum Phantomschmerzen hinterlässt.
Dieser „Sommernachtstraum“ setzt nicht zuletzt auf optische Opulenz. Bühnenbild und Kostüme (Roger Jahnke, Jan Zimmermann, David Regehr, Isa Mehnert) haben ohne hypermoderne Hochtechnologie ein Ergebnis gezaubert, das von Anfang an Schaulust befriedigt. Darüber soll man nicht die Nase rümpfen, auch wenn man daran gewöhnt ist, auf riesigen leeren Spielflächen schon einen einsamen Stuhl als reinen Requisitenwahnsinn zu empfinden. Viel geht mit Stoffbahnen, mit Verkleidungen voller Fantasie und Farben, hier tritt eine Luftartistik hinzu, geboten vom Duo Galipette, bestehend aus Ina Gercke und Jefferson Preto, die insgesamt fünf Rollen verkörpern. Rein technisch erfordern die Mehrfachbesetzungen natürlich immer die Abwesenheit der jeweils anderen Figur, was aber wegen der getrennten Welten in dieser Komödie wenig schwierig zu organisieren ist. Die Tendenz geht zum Nummernprogramm und sogar das funktioniert. Und die Zuschauer mit Flaschen und Gläsern in den Händen, sich gegenseitig Pizza-Ecken zureichend, sind von Anfang an hingabebereit, einige Frauen, natürlich Frauen, wollen sich scheckig lachen. www.monbijou-theater.de
Die vollständige Kritik ist seit 15. März 2018 nur noch in Buchform zu lesen: Eckhard Ullrich: Wie es mir gefällt. 33 Shakespeare-Kritiken
dictum verlag Ilmenau, ISBN 978-3-95618-138-2, Preis 19,50 Euro.