22. September 2019

Günter Kunert ist tot. Neunzig und ein halbes Jahr alt ist er geworden. In die Tagesschau hat er es in seinem Leben nicht in dieser Länge gebracht, sein Tod verschafft ihm das Vergnügen, das er nicht mehr genießen kann. Da ich kein großes Medium bin, habe ich keinen Nachruf auf Vorrat liegen. Auch ärgert mich, dass nun überall von der Unüberschaubarkeit seines Werkes die Rede ist. Er hat sich vor vielen Jahren über eine Kritik lustig gemacht, die ihm eine verwirrende Vielfalt seiner Texte attestierte. Verwirrt sind immer die Kritiker, die auf der Suche nach gemeinsamen Nennern die Antenne für die einzelne Schönheit verloren haben. Die ganz wichtigen Preise hat er nicht bekommen und ich argwöhnte schon einmal öffentlich, dass das mit seiner Zurückhaltung zu tun haben könnte, Romane zu schreiben. Vielleicht hätte er welche geschrieben, hätte Reich-Ranicki nicht „Im Namen der Hüte“ durch den Wolf gedreht, wahrscheinlicher ist aber, dass er nicht wollte.


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