27. Januar 2022

Es gab Zeiten, da hatte ich den Wunsch, an diesem Tag eine Rede zu halten auf dem Wetzlarer Platz. Mich bewegt Auschwitz, mich bewegen Sobibor und Belzec immer wieder und immer wieder wie beim ersten Mal. Ich überlegte, ob ich sagen dürfte, dass mein Vater in Auschwitz war, aber nicht als Häftling, sondern als Kriegsgefangener. Dass er entlassen wurde, weil die Russen Angst hatten, sich bei ihm mit TBC anzustecken. Wie sie rennen mussten in ihren Pantinen und dabei die Suppe verschütteten, die fürchterlich dünne Suppe aus Grassamen. Mein Vater sprach sehr selten davon und wenn, dann kamen ihm die Tränen. Ich habe auf dem Wetzlarer Platz gute Reden gehört und mäßige. Über einige berichtete ich, als ich noch einer war, der berichten musste. Das ist lange her. Heute würde ich wahrscheinlich ablehnen, wenn mich jemand fragte, ob ich nicht eine Rede halten möchte am 27. Januar. Ich denke jetzt eher an Riga, wo die Berliner Transporte landeten.


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