Matthias Biskupek: Veröffentlichtes Ärgernis

Während der Igel dem allweil herankeuchenden Hasen im einschlägigen Märchen sein „Ich bün all hier“ entgegenruft und so gleichzeitig vom Nutzen der Personalverdopplung kündet, den der leistungssüchtige Hase nicht ahnt, geht es Büchern aus dem Hause Eulenspiegel anders. Sie rufen dem allweil herankeuchenden Leser im einschlägigen Leben ganz munter ihr „Ich bün all weg“ entgegen, was die immer wieder einmal wegen ihrer Ignoranz dem Spaße gegenüber gescholtenen Kritiker in die unangenehme Situation versetzt, Bücher besprechen zu wollen, die einfach nicht zu kaufen sind.

Der an dieser Stelle dann unvermeidliche Hinweis auf das dicht gespannte Netz des Bibliothekswesens tröstet jene nicht, die verkünden wollen, daß es sich lohne hineinzuschauen, und er tröstet auch jene nicht, die das bereits wissen, es aber dennoch gern selbst und zwar ins eigene Exemplar, tun würden. Damit ist also klar, warum so wenig Kritik zu Eulenspiegel-Büchern in unserer Presse erscheint. Wenn aber gar die Presse in einem Eulenspiegel-Buch erscheint – eiwei!

Matthias Biskupek, der, als das Rad noch nicht erfunden war und wir alle rohes Fleisch aßen, in Schwerin ein bewegter Poet war, späterhin dann eine „Meldestelle für Bedenken“ eröffnete, das „Leben mit Jacke“ beschrieb und, weil der Mitteldeutsche Verlag auch etwas von ihm haben wollte, „Der Bauchnabel und andere schöne Mittelpunkte einer Reise zu zweit“ ihm anvertraute, hat nun ein „Veröffentlichtes Ärgernis“ unter die Ladentische lanciert. „Satiren & Glossen“ ist das Werk vorsichtshalber untertitelt worden – damit keine Mißverständnisse entstehen. 

Mit „literarischen Annoncen“ durchmischt kommt es daher, es liest sich, Hegels Autorität in Sachen Dialektik wird nicht angetastet, wer jedoch einen goldenen Weisheitszahn hat, darf so breit grinsen, daß er blitzt. Biskupek enthüllt nämlich, wie er Rezensionen ersinnt, bevor er sie unter der Rubrik „litera-touristik“ im „Eulenspiegel“ veröffentlicht, wobei er die Rubrik und den Namen des Blattes diskret verschweigt. Von Hemingways Besuch beim Schriftstellerverband der DDR ist zu lesen, von einem Frühstück bei Updike, von „Drei Schwierigkeiten beim Liebedienern“ usw. usf.

Böswilligen Rezensenten hat der Illustrator Rainer Schade ihre mögliche Endstation entworfen, auf der Seite 29. So beuge ich lieber vor, indem ich weitergebe, was ich aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen weiß: Nämlich: Biskupek hats jetzt mit Karl Valentin. Es dauert aber noch, bis wir das genau nachlesen können. Vorher kommt noch sein Reise-Büchlein aus Estland (im Tribüne-Verlag) und etwas Theoretisches über Satire. Neugier ist angesagt.
 *zuerst erschienen in: Freies Wort,  3. Juni 1988, unter dem Titel: Hier grinst der goldene Weisheitszahn


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