Bartzausel nebst Hillary

Also, ich würde eine Summe im unteren einstelligen Bereich verwetten, dass nie so nette Fotos von Osama bin Laden, den manche Zeitungen hyperoriginell abweichend Usama bin Ladin nennen, veröffentlicht worden sind wie jetzt, da er nun tot ist. Das Wort endlich habe ich vermieden. Er wohnte also so rum in einem Haus von erstaunlicher Größe mit erstaunlich hohen Mauern, während Amerikaner geneigt waren, den halben Hindukusch in die Luft zu bomben und zu sprengen, in der vagen Hoffnung, seine dortigen Höhlen nebenher gleich mit zu erwischen. Hat ja nicht viel gebracht, wie wir alle wissen. Dafür wissen wir eines jetzt vollkommen sicher: die USA haben eine Außenministerin, die mit Live-Hinrichtungen via Satellit nicht mediabel umgehen kann. Sie ist einfach mordserschrocken über das, was sie da sieht. Sie ist wahrscheinlich sogar entsetzt.

Vielleicht hilft es, sie in jene lustige Thüringer Gemeinde einzuladen, von der eine große hier erscheinende Regionalzeitung in einem stolzen Bericht aus der Lokalredaktion vermeldete, sie wolle mit einem herrlichen Event die historische Hinrichtung des „Schwarzen Fritz“ nachstellen, weil: das waren früher immer so tolle Volksfeste. Ich nenne hier Ort und Zeitung nicht, für beide ist es, mit Verlaub, schon peinlich genug. Um es freundlich zu formulieren.

Bleibt für Freunde des Debattenvolksfests diese herrliche Krume übrig: Darf sich ein Christ über einen Tod freuen, der einen anderen Menschen trifft? Darf er das in den Ausnahmefällen a bis x, oder nur in dem einen einzigen Ausnahmefall y? Niemand stellt seltsamerweise dieselbe Frage auf Atheisten bezogen. Haben Atheisten vielleicht einen Freu-Freibrief für Fälle freier Wahl? Sollten, eine nächste Frage, die unfruchtbaren Moralschwätzer nicht vielleicht lieber an einem kollektiven Ratgeber „Freuen für Anfänger“ arbeiten, ein paar ausrangierte Strukturalisten oder Neo-Diskursanalytiker dazu bitten, damit am Ende das Freuen über den toten Osama wenigstens nicht so widerlich genau den sonst üblichen, Hüpf-, Schwenk- und In-die-Kamera-Grins-Freuden gleicht, die man vom Aufstieg des heimischen Rasen-Halma-Vereins kennt. Muss man die Osama-Nachricht wirklich bequietschen, als hätte Justin Bieber sein Unterhöschen gelupft?

Mit Blick auf das rollende Kleist-Jahr 2011 eine kleine Reminiszenz: In Kleists Novelle „Der Findling“ verweigert der Vater, der seinen Stiefsohn auf brutale Weise erschlagen hat, die eigentlich für seine eigene Hinrichtung nötige kirchliche Absolution, weil er unbedingt in der Hölle, wo er seinen toten Stiefsohn sehr berechtigt vermutet, sein Rachewerk fortsetzen will. Kein Kommentar weiter.


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