Ein Theater für die Region

Ilmenau. Ganz so pompös, wie der Titel es ankündigte, wollte Steffen Mensching es dann doch nicht angehen lassen. Der Intendant des Rudolstädter Theaters (Jahrgang 1958) sprach frei, uneitel, souverän und ohne alle Phrasen. „Theaterdämmerung im Land der Klassiker – Wieviel Theater braucht der Freistaat“ wurde kein larmoyanter Klagegesang für die Freunde der Seniorenakademie der TU Ilmenau, sondern vor allem eine realistische Situationsbeschreibung. Für Mensching, „Sohn eines Chemieingenieurs und einer Sachbearbeiterin“, wie seine erste selbständige Publikation, das „Poesiealbum 146“, 1979 auswies, hat das Theater auch heute nicht nur eine Aufgabe in Staat und Gesellschaft, sondern in mancher Hinsicht sogar mehr und eher als früher.

Ein Theater ist für den bühnenerfahrenen Mann, der auch als Geschäftsführer agiert, ein Ort für Auseinandersetzungen, ein Ort für gemeinsames Erleben, wie es ihn sonst kaum noch gibt, vielleicht noch in den Sportstadien, ein Ort, wo Teilhaben geübt werden kann. Er findet Zuschauer, die ihren Unmut über eine Inszenierung nicht auch durch Buhrufe oder türenknallendes Verlassen zum Ausdruck bringen, „domestiziert“ und fast zu brav, lobt dagegen die Kinder, die kundtun, was sie empfinden. Es geht um „Stiftung von Gemeinsinn“, das Theater soll Dinge verhandeln, die die Leute angehen. „Der auf der Bühne steht, macht, was er macht, nie fürs Feuilleton, immer für die, die vor ihm sitzen.“

Alles ist an einem kleinen Haus wie dem in Rudolstadt schwieriger als andernorts, weil es, und das war vielleicht die wichtigste Botschaft, die Steffen Mensching vermitteln konnte, von höchst profanen Bedingungen abhängt, Bedingungen, die gern ausgeblendet werden oder auch hochmütig missachtet von Leuten, die Theater selbst machen. Es gibt überraschend winzige Gehälter an einem Haus wie Rudolstadt, auch die deutlich höheren der Orchestermitglieder würde kaum ein schreibender Jungredakteur als Einstiegsgehalt annehmen wollen. Es hängt von diesen Gehältern oder Gagen aber eben auch ab, wer kommt oder doch lieber verzichtet.

Mensching sprach von den Finanzierungsphilosophien der Landesregierungen, von den kleinen Tricks, mehr Geld locker zu machen. Nie ließ er ein negatives Wort über andere Häuser fallen, auch wenn er die vorhandenen Konkurrenzen nicht beschönigen wollte. Er bekannte sich dazu, Theater für die Region machen zu wollen und betonte gleich mehrfach, dass auch ihn die jüngste „Othello“-Inszenierung nicht glücklich gemacht habe. Sie soll ja beispielsweise in Gehren langjährige Rudolstadtfahrer dazu gebracht haben, die Drohung „Nie wieder!“ auszustoßen. Es könne bisweilen, räumte der Intendant ein, auch an der Arroganz eines Regisseurs liegen, wenn am Publikum vorbei inszeniert werde.

Dass auch der alte Schalk aus der in Ilmenau so gut bekannten „Mensching/Wenzel“-Zeit ihn nicht verlassen hat, belegte der Vortragende mit seinen Episoden aus dem Zusammenleben der Rudolstädter und der Saalfelder, in dem er sich bisweilen wie ein „kultureller Blauhelm“ vorgekommen sei. Über ein Zehntel des Geldes, das nach Meiningen floss, wäre er schon sehr froh, es komme aber nicht. Der gut gefüllte Curie-Hörsaal dankte mit herzlichem Applaus.
 Zuerst in: Thüringer Allgemeine, 21. Februar 2012, dort mit der Unterzeile: Der Rudolstädter Intendant und Geschäftsführer Steffen Mensching war Gast der  Seniorenakademie


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