Arthur Eloesser, Dahlmannstraße 29

Wer im heutigen Berlin den Bahnhof Charlottenburg Richtung Westkreuz, Potsdam nach vorn links verlässt, schaut zwangsläufig in die Dahlmannstraße. Eine Kindereinrichtung begegnet ihm, eine Seniorenresidenz, nach rechts zu einiges Grün, eine kleine gepflasterte Verkehrsinsel, dann führt die schnurgerade Dahlmannstraße bis zum Kurfürstendamm. Ein kurzer gerader Weg für alle, die vielleicht zur Schaubühne wollen, ein Weg auch, der zu einem sagenhaften Italiener führte, den es leider nicht mehr gibt. Diese Dahlmannstraße war vor nicht viel mehr als hundert Jahren noch eine neue Straße. Ein Bild von ihr aus jener nach zwei Weltkriegen und deutscher Teilung fast unwirklich fernen Zeit hat Arthur Eloesser gezeichnet. Sein Feuilleton aus dem Jahr 1910 trägt den schlichten Titel „Die neue Straße“, ihr Verfasser hat es in seine 1919 bei Egon Fleischel & Co in Berlin erschienene Sammlung von Berliner Skizzen „Die Straße meiner Jugend“ aufgenommen, die fast 70 Jahre später vom Verlag Das Arsenal nachgedruckt wurde, mit fadenscheiniger Begründung vermindert um dreißig Druckseiten „Berliner Landsturm“. Die neue Straße ist, ohne dass der Name genannt wird, die Dahlmannstraße. Ihr Name passt zu benachbarten Straßen, die nach großen deutschen Historikern benannt wurden: nach Mommsen, nach Niebuhr, nach Sybel, Droysen oder Gervinus und eben nach Friedrich Christoph Dahlmann (13. Mai 1785 – 5. Dezember 1860).

Arthur Eloesser zog mit seiner jungen Familie, mit seiner elf Jahre jüngeren Gattin Margarete und den Kindern Max und Elisabeth 1908 in die neue Straße. Die Geburtsanzeige für den Sohn, in der Vossischen Zeitung am 17. Juni 1905 gedruckt, nennt keine Anschrift der Eltern, gut zwei Jahre später zeigen sie stolz die Geburt eine Tochter an. Die entsprechende Anzeige, wiederum in der Vossischen Zeitung am 26. Juni 1907 gedruckt, erlaubt uns nicht nur das bisher fehlende Datum in den tabellarischen Lebenslauf nachzutragen, der auf der Basis der Recherchen von Horst Olbrich fußt und inzwischen wesentlich und fundamental erweitert vorliegt, es ist auch die Anschrift der Familie genannt: Bamberger Straße 45. Dort wurde beide Kinder der Eloessers geboren, von dort kam die Familie in die neue Dahlmannstraße. Deren heutiges Erscheinungsbild vermittelt kaum noch eine Vorstellung, wie es damals aussah, wie die Häuser sich präsentierten. Immerhin gibt es eine Quelle, die uns sogar genau das Gebäude zeigt, in das die Eloessers einzogen. „Velhagen & Klasings Monatshefte“ brachten im Juni-Heft 1909 einen Aufsatz von Dr. Max Osborn mit dem Titel „Berliner Mietshäuser“. Auf 16 illustrierten Seiten Hochglanzpapier 19 Fotos, darunter auf den Seiten 238 und 239 eine Außenaufnahme der Dahlmannstraße 29, entworfen vom Architekten Wilhelm Klopsch, erbaut von Wilhelm Brode, und zwei Aufnahmen aus einer der Wohnungen.

Autor Max Osborn, ein befreundeter Kollege Arthur Eloessers, geht in seinem Aufsatz auf dieses Haus und diese Wohnung zwar mit keinem Wort ein. Es liegt jedoch mehr als nahe, dass er nicht irgendeine Wohnung betrat, um Inneneinrichtung fotografisch dokumentieren zu lassen, sondern eben die seines nahen Bekannten. Sieht man heute die Fassade mit ihrer Struktur, drei Etagen haben Loggia und Balkone, die oberste Etage hat zwei überdachte, aber offene Balkone, dann vermittelt das Nebenhaus Dahlmannstraße 32 eine annähernde Vorstellung der ursprünglichen Baugliederung, wenngleich fast alle Verzierungen der Fassade fehlen. Dank eines Feuilletons aus dem Jahr 1920, welches Arthur Eloesser für das Abendblatt der Frankfurter Zeitung schrieb, gedruckt wurde es am 13. November 1920, wissen wir weitere Details. Der Autor erwähnt, dass er nach der späten Heimkehr den Fahrstuhl nicht benutzen konnte und die vier Treppen zu Fuß nach oben steigen musste. Somit ist klar: das Haus hatte einen Fahrstuhl, den die Familie Eloesser in der Regel benutzte, wenn nicht gerade der Hauswirt aus Ersparnisgründen den Betrieb einstellte. Der Blick auf die Fassade belegt, dass vier Treppen bis in die oberste Etage führen, genau jene also, die nach vorn keine Loggia mehr hat, dafür aber den massiven, überdachten Balkon. Nimmt man an, dass je Etage zwei Mietwohnungen gelegen waren, bliebe offen, welcher Balkon zu Eloessers gehörte.

Die beiden Innenaufnahmen zeigen zwei Zimmer von einer insgesamt unbekannten Zimmer-Zahl, den Salon und die Diele. Man sieht die enorme Höhe der Räume, in die Diele fällt Licht aus einem Bleiglasfenster mit deutlich erkennbarer Jugendstilornamentik, Blumenständer, Sessel, Hocker, eine Kommode mit drei Schüben sind zu sehen. Der Salon mit Teppichen, einer Büste auf dem Buffet, Bildern an der sichtbaren Wand, zwei runden Tischen, gepolsterte Stühle, ein Hocker, eine Liege mit Decke, etwas wie ein Raumteiler. Bücher sieht man nicht. Da Arthur Eloesser über eine sehr umfangreiche Bibliothek verfügte, muss die in seinem Arbeitszimmer vermutet werden, das näher am Wohnungseingang lag als andere Räume, vor allem als die Küche. Das Feuilleton von 1920 beschreibt humorig, wie er mehrfach zur Tür eilen musste, um Lieferungen entgegenzunehmen oder die alte Reinemachfrau einzulassen, in der Küche hörte „man“ nicht. Möglicherweise war die Frau des Hauses von zwei lärmenden Kleinkindern abgehalten, dem schreibenden Doktor vor seinem weißen Blatt Papier die Störungen zu ersparen. Wir wissen es nicht. Wer sich der Mühe unterzöge, nach Tagen zu suchen, da in Berlin, insbesondere in Charlottenburg, der Strom wegen Streiks ausfiel 1920, der könnte vielleicht sogar den genauen Tag ermitteln, von dem der Berlin-Korrespondent der Frankfurter Zeitung da berichtete. Es müsste ein Mittwoch gewesen sein.

„Als wir vor einigen Jahren hier einzogen, da war vor und neben uns noch freies Feld. Wir konnten unseren Bekannten erzählen, dass wir zwar in der Stadt, aber doch so gut wie auf dem Lande wohnten, und dass unsere Kinder fast unter unseren Augen im Freien spielten.“ Das weist in eine sehr ferne Epoche: Eltern ließen ihre Kinder draußen spielen und draußen hieß damals: nicht auf Spielplätzen: „Diese Spielplätze waren nun eigentlich Baustellen, wenigstens nach der Absicht ihrer Besitzer, die solchen Sachverhalt auf riesigen Schildern kundgaben, die die einzelnen Parzellen mit Drahtzäunen abteilten und, da sie vorläufig weiter nichts konnten als auf die Konjunktur warten, wenigstens Unbefugten den Eintritt verboten.“ Die Löcher im Zaun wurden, so Eloesser, zum Glück nie ausgebessert, sie wurden im Gegenteil weit genug, „um auch einen Kinderwagen ohne Gefährdung seiner eleganten weißen Lackierung hindurchzulassen.“ Das besorgten „Fräulein“, die ausdrücklich instruiert wurden, kein schlechtes Gewissen zu bekommen: „Es war ein richtiges Idyll, die bukolische Zeit unserer Straße in ihrem prähistorischen Zustand.“ Der wegen der dann doch zügig erfolgenden weiteren Bebauung nicht sehr lange anhielt. Wer sich heute den Margarete-und-Arthur-Eloesser-Park anschaut, ahnt nicht unbedingt, wie gut der Platz gewählt ist, abgesehen natürlich von der großen Nähe zur Dahlmannstraße, wo beide ein Vierteljahrhundert lebten.

„Der Magistrat oder der Fiskus oder die Eisenbahnverwaltung hat den Kindern einen Bezirk von der Böschung der Stadtbahn abgetreten, breit genug, dass man ihn wieder „Wiese“ nennen kann, und wenn sie ein paar Minuten gelaufen sind, können sie wieder im Grünen spielen.“ Es darf demnach als sicher gelten, dass Max und Elisabeth Eloesser hier unter Aufsicht der „Fräuleins“ oder auch der Eltern selbst spielen durften, später vielleicht auch allein. Der Park, der am 6. September 2011 seinen Namen erhielt, die Anschrift ist Gervinusstraße, 10629 Berlin, wurde 2008 neu gestaltet. Für die Sauberkeit des Spielplatzes sorgte „mit einer knurrenden Autorität“ ein „krummer Invalide der Straßenreinigung, der wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben etwas verbieten oder erlauben“ durfte. Das lese ich mit leiser Rührung, denn an einen invaliden Parkwächter im Schlosspark Gehren kann auch ich mich noch erinnern, das war in den frühen Jahren der DDR. „Am Vormittag brennt die Sonne auf die Kinder herab, die dadurch eine gesunde Müdigkeit für ihr den Eltern so notwendiges Mittagsschläfchen gewinnen; dafür haben sie am Nachmittag die Wohltat des tiefen, kühlen Schattens, für den die ansehnliche Höhe des Eisenbahndammes garantiert.“ Familiäre Normalität bei Eloessers, wenn denn Max und Elisabeth auch wirklich schliefen. Ob sie ein oder zwei Zimmer zur Verfügung hatten oder keins, wir wissen es leider nicht.

Was wir wissen, ist, dass die Behauptung der Nachbemerkung zur Neuausgabe der Berliner Skizzen, es handle sich um Texte, die zwischen 1907 und 1918 für die Vossische Zeitung geschrieben wurden, bezüglich „Die neue Straße“ falsch ist. Dieses Feuilleton stand zuerst gedruckt in Heft 1 der Neuen Rundschau, Jahrgang 1910, auf den Seiten 88 bis 93. Das ist auch in der Hinsicht von Interesse, dass die Eloessers, als das zu lesen war, keineswegs länger als zwei Jahre die neue Wohnung im vierten Stock inne hatten, alle Eindrücke und Umstände eher frisch waren als aus abgeklärter Distanz geschildert. Ob Arthur Eloesser diesen Eindruck bewusst vermitteln wollte, lässt sich nicht mehr klären. Angesichts der Fülle von Details für seine Biographie ist das jedoch auch kaum von Belang. Die Kinder Max und Elisabeth, erfahren wir, hatten ein spezielles Verhältnis zum Mond und wie Straßenlaternen funktionieren, verstanden sie rasch: „Es gibt für sie nichts Selbstverständlicheres als die Elektrizität.“ Das war 1910 noch ein Satz von Belang. Wir erfahren, dass sie Eloessers wegen mangelhafter Zentralheizung beinahe gegen den Wirt prozessiert hätten, sich dann aber auf die Zeit vertrösten ließen, da die Straße komplett bebaut sein würde, „da unser Haus, von allen Seiten eingebaut, bis zum vierten Stock hinauf Windschutz genießen würde.“ Da war er also auch schon, der vierte Stock, man konnte ihn erschließen wie den offenen Balkon.

„Der scharfe Zug hat nun auch aufgehört, und die Blumen auf unserem Balkon, die sich früher qualvoll biegen mussten, manchmal sogar aus ihren Töpfen losrissen, wachsen nun schlank und hoch im Frieden einer stilleren Zone.“ Dafür gibt es keine Sonnenuntergänge mehr zu bewundern, wenn frühe Abendgäste kommen, die Sonne selbst richtet auch weniger an als früher: „sie saugt unseren Gardinen und Teppichen nicht mehr die Farben aus, treibt ihre Spiele mit huschenden Fleckchen und Streifchen auf meinem Arbeitstisch recht unschädlich, während ich Mittag esse, und stört mich kaum noch im Schreiben.“ Gebaut wurde damals offenbar ungeheuer schnell. Eloesser merkt an, dass ihn die neuen Häuser unmittelbar gegenüber seines Fensters beunruhigen: „Als wir von der Sommerreise zurückkehrten, waren sie plötzlich da, ein weißes, ein gelbes und ein grünes.“ Er ist keineswegs begeistert darüber, dass jedes Haus nicht nur farblich anders aussieht. Es fällt ihm schwer, „sich die Individualitäten dieser Häuser mit geschlossenen Augen vorzustellen.“ Was er wohl angesichts der heutigen Dahlmannstraße sagen würde? „Auch unser Haus kann ich nicht beschreiben; als wir ein halbes Jahr darin wohnten, habe ich mich einmal gegenübergestellt, um mir seine Erscheinung einzuprägen. Es liegt wahrscheinlich daran, dass ich zu wenig Phantasie habe oder dass der Erbauer zu viel davon hatte.“ Der Erbauer hieß, siehe oben, Wilhelm Brode.

Näheres zu ihm und seinen Bauten in der Dahlmannstraße findet sich in dem 1999 im Igel Verlag Wissenschaft gedruckten Buch „Haben Sie mich gehasst?“ von Kirsten Steffen, Untertitel „Antworten für Martin Beradt (1881 – 1949). Schriftsteller, Rechtsanwalt, Berliner jüdischen Glaubens“, es handelt sich um die Buchfassung der Dissertation aus dem Jahr 1998. Brode baute nach Entwürfen von Wilhelm Klopsch, dessen Name sich bis heute mit einigen seiner Bauten in Berliner Denkmallisten findet. Beunruhigend fand Eloesser die gegenüberliegenden Häuser nur, bis Mieter einzogen: „Wenn erst Gardinen da sind, wenn ein Fenster geöffnet und ein rotes Staubtuch sich ausschüttelt, werde ich gar nicht mehr hinsehen, dann hat die Wirklichkeit beruhigend Platz genommen.“ Auch in neuen Straßen des Berliner Westens bestätigte sich ein altes Phänomen: „Die anständigen Leute hüben und drüben pflegen sich ohne zu große Heuchelei gegenseitig zu ignorieren.“ „Wer Studien machen will, der muss die intimen Wohn- und Schlafräume zum Ziel nehmen, die auf den Hof hinausgehen. Der Sonntagvormittag bietet die beste Gelegenheit. Man wird dann bemerken, wieviel Vergnügen Leute, die sonst früh an die Arbeit müssen, daran finden, dass sie halb oder sehr wenig bekleidet von einem Zimmer ins andere laufen.“ Dass Arthur Eloesser diese Studien getrieben hat, verrät sich in dieser dezent eindeutigen Beschreibung in leisem Humor.

Anderes beobachtet er mit mindestens derselben Aufmerksamkeit: „Auf diesem Neuland von gestern und heute wird das Wesen der Konkurrenz besonders klar. … Ich wundere mich, wie wenig Häuser, auf je drei kommt schon eine Destille, dazu gehören, um einen Betrieb zu unterhalten.“ Einem Milchhändler folgt der zweite, ebenso ist es mit Schneider, Schlächter und Friseur, mit Hebamme und Arzt. Interessant ist, dass Eloesser bezüglich der Hinterhäuser nur „wahrscheinlich“ schreibt, er kennt sich dort also nicht aus und treibt auch keine Studien. „Die Straße ist kein verbindendes, vertrauliches Element, sie hat einen hohen Grad der Abstraktion erreicht.“ Wobei er den Vergleich mit anderen Straßen offenbar meidet, hätte er doch ohne weiteres von der Bamberger, selbst von der Prenzlauer Straße aus eigener Erfahrung schreiben können, was er bezüglich der Prenzlauer in „Die Straße meiner Jugend“ ja auch tat, aber eben isoliert. „Viele Besorgungen übernehme ich selbst, um nicht den Zusammenhang mit den kleinen Realitäten des Lebens zu verlieren, das man aus der Luftlinie des Literarischen und Ästhetischen zuweilen auf den Erdboden herabnötigen soll.“ Die Besorgungen betreffen Händler und Handwerker. Ob der Dr. Eloesser auch den Müll nach unten brachte aus dem vierten Stock, was Männer in unserer Zeit angeblich mit Vorliebe tun, um zu zeigen, wie sehr sie mithelfen im Haushalt, erfahren wir an dieser Stelle nicht.

„Höflichere und verhaltenere Menschen als diese Diener der Bourgeoisie habe ich nie kennengelernt.“ „In diesem ganzen Viertel, wo der Ärmste noch vornehm wohnt mit allem Komfort der Neuzeit, existiert gewiss kein Original.“ „Die Leute sprechen nicht berlinisch, aber keinen anderen Dialekt; sie erlauben sich keine Ausnahme von der allgemeinen Farblosigkeit und Geruchlosigkeit.“ Hier nun kommen doch auf Umwegen einige Vergleiche ins Spiel. Die neue Dahlmannstraße „hat keinen entschiedenen Geruch, die Nase findet hier keine Heimat, und sie ist doch eigentlich das Organ der Treue, der unvergänglichen, unwillkürlichsten Erinnerung.“ Ein gewisser Marcel Proust hat aus solchem Wissen einen siebenbändigen Roman gemacht. „In dieser neuen Straße hat nie ein Pferd gewohnt … hier gab es keinen Kuhstall, keine Schmiede, keine Böttcherei, keine Brauerei; hier hat die Luft so wenig wie die Erde ihre Geschichte.“ Jetzt redet er von jener altberliner Straße, „die mich entstehen sah“, gemeint ist die Prenzlauer Straße, wo heute nicht allein das alte Haus nicht mehr zu finden ist, sondern gleich die gesamte Straße. Man könnte die Beschreibung von 1910 mit der von 1907 vergleichen, was hier aber unterbleiben soll. Die Straße „birgt keine Geheimnisse und Legenden, keine Abenteuer und Gefahren.“ „Die Häuser stehen gleichgültig nebeneinander, ohne Beziehungen, nicht einmal feindselige, zu pflegen.“

In Erinnerung an kindliche Straßenschlachten fragt Arthur Eloesser sich: „Wo nehmen wir für unsere Kinder die nötige Rohheit her?“ Er bezieht sich auf ein einst berühmtes, beinahe Skandal machendes Buch von Karl Scheffler (27. Februar 1869 – 25. Oktober 1951), der oft ebenfalls für die Vossische Zeitung schrieb und so gewissermaßen ein Kollege war. Das Buch „Berlin – ein Stadtschicksal“ ist als Nachdruck der Erstausgabe 1910 in der Reihe „Berliner Texte“ 1989 als Band 3 neu zugänglich gemacht worden, war also, als „Die neue Straße“ entstand, erst frisch auf dem Markt. Arthur Eloessers Kollege Max Osborn, siehe oben, gratulierte Scheffler am 26. Februar 1929 zum 60. Geburtstag. „Eigentlich gibt es gar kein Berlin und keinen Berliner. Wir sind ein Mischmasch, der sich immer wieder mischt und mascht, und aus dem nie eine richtige Rasse wird.“ Zum Ende seines Feuilletons verlässt sein Verfasser die Dahlmannstraße, um sich der Philosophie, Soziologie und Phänomenologie des Berliners und seiner Stadt zuwenden. Das ist mehr als interessant, aber schon ein anderes Thema. Makaber wirkt im Wissen nachfolgender Geschichte dieser Satz: „Meine Straße erzählt mir nichts und verspricht mir wenig; denn ich bin ziemlich sicher, dass meine Kinder sie nicht bewohnen werden.“ Ja, 1933 mussten Eloessers sie verlassen Richtung Lietzenseeufer 1. Margarete wurde 1942 von dort nach Riga deportiert, Max und Elisabeth schafften es ins Exil, Arthur war bereits 1938 im Jüdischen Krankenhaus gestorben.


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